Tag #5 auf dem Tuscany Trail: von Radiconfani bis Ortobello
Bewusst haben wir unseren Schlafplatz nach Osten ausgerichtet, um den Sonnenaufgang und die wärmenden Strahlen am Morgen nicht zu verpassen. Wir werden mit einem spektakulären Sonnenaufgang beschenkt. Den Morgentau auf unserem Zelt und Packtaschen lassen wir in Ruhe von der aufgehenden Sonne trocknen. Ein langer Tag auf dem Rad steht bevor – wir haben es nicht eilig.
Zu Beginn der Tagestour dürfen wir jede Menge Höhenmeter erklimmen. Dafür geht es danach über kurvige Schotterpisten schnell in die Ebene hinunter. Im Gegensatz zu den vorherigen Etappen des Toskana-Trails verläuft der heutige Streckenabschnitt weitestgehend auf Asphalt. Risikofreudiger als die Tage zuvor legen wir uns in die steilen Asphaltkurven – Bremsen offen, die Freiläufe surrend. Es überkommt uns ein Rennfahrer-Feeling, wie bei der Giro-Italia.
Dann, ganz plötzlich, eröffnet sich uns eine spektakuläre Kulisse: Vor uns liegt Sorano in der Mittagssonne – eine Stadt wie aus einer anderen Zeit. Nur die dezent einheitlich braunen Satellitenschüsseln erinnern an die Moderne. Wir verlassen die Route und erkunden die schmalen Gassen, bevor es durch kurvige Landstraßen und dichten Eichenwäldern wieder auf den Tuscany Trail geht. Nach sieben Kilometern verlassen wir die Straße. Durch einen unbefestigten, steilen und schmalen Graben erreichen wir das nächste Highlight: die Stadt Pitigliano.
Die Altstadt mit ihren großen Treppen lädt dazu ein, sie pedalierend zu erklimmen. Von anderen Teilnehmenden angefeuert, fahren wir die Treppen mit unseren Fahrrädern hinauf und ernten dafür viel Lob. Wir treffen auf Antonio, der vor seiner Eingangstür verweilt und das rege Treiben interessiert beobachtet. Er lädt uns auf einen Wein ein, den seine Tochter hergestellt hat. Herb und authentisch schmeckt er, ohne Schnick-Schnack hergestellt, erklärt uns der alte Mann. Wir erfahren von ihm, dass die Stadt unterirdisch nochmal existiert. Jedes Haus hat einen oder mehrere Stockwerke Keller, teilweise bis zu fünf untereinander. Früher wurde dort Wein gelagert. Wir bedanken uns für das Gespräch und ziehen weiter zum örtlichen Markt, wo wir unseren Hunger mit Focaccia und Antipasti stillen.
Es liegen noch etwa 65 Kilometer vor uns und es ist bereits 13:30 Uhr. Heute Abend werden wir Ortobelleo erreichen – damit endet der Tuscany Trail für uns. Geplant haben wir mit sechs Tagen, um den Trail zu bewältigen. Geschafft haben wir es in fünf Tagen. Die Vorstellung, schon heute Abend, zwar dreckig, verschwitzt und abgekämpft, das Ziel zu erreichen – anstatt morgen ausgeruht und entspannt – motiviert.